Das Schloss Raesfeld [ˈraːsˌfɛlt] ist ein Wasserschloss in Raesfeld im Kreis Borken, Nordrhein-Westfalen
Das Schloss Raesfeld [ˈraːsˌfɛlt] ist ein Wasserschloss in Raesfeld im Kreis Borken, Nordrhein-Westfalen.
Die Geschichte der Anlage reicht bis in die Anfänge des 12. Jahrhunderts zurück. Ende des 16. Jahrhunderts kam die Ritterburg der Herren von Raesfeld in den Besitz derer von Velen. Mitte des 17. Jahrhunderts ließ der Reichsgraf Alexander II. von Velen die Burg zum Residenzschloss im Stil der Renaissance ausbauen. In der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts starb das Geschlecht der von Velen zu Raesfeld aus; das Schloss wurde nur noch unregelmäßig bewohnt und verfiel allmählich. Zu Anfang des 19. Jahrhunderts wurden Teile der Anlage abgerissen oder bis ins 20. Jahrhundert als landwirtschaftlicher Gutshof genutzt. Nach dem Zweiten Weltkrieg ließen es die Handwerkskammern des Landes Nordrhein-Westfalen als neue Besitzer restaurieren. Heute ist das Schloss Sitz der Fort- und Weiterbildungseinrichtung der Handwerkskammern und wird für kulturelle Veranstaltungen und als Restaurant genutzt. Seit 2007 kann man hier heiraten.
Von den ehemals vier Flügeln des Oberburg stehen heute noch der Westflügel mit dem markanten stufenförmigen Turm und der nördlich angrenzende Altbau mit einem wiederaufgebauten Rundturm. Wassergräben trennen die Oberburg von der Vorburg und der dörflichen Schlossfreiheit mit der Schlosskapelle. Der angrenzende Tiergarten gehört zu den wenigen erhaltenen aus der Zeit der Renaissance. Eine natur- und kulturhistorische Ausstellung im modernen Informations- und Besucherzentrum Tiergarten Schloss Raesfeld wird dieser Sonderstellung gerecht. Der Tiergarten ist eingebunden in das European Garden Heritage Network.
Geschichte
Die Herren von dem Berge
Zwischen 1168 und 1174 wurde Rabodo von dem Berge als Burgherr beurkundet. Er entstammte einem einflussreichen edelfreien Adelsgeschlecht aus dem Montferland im Herzogtum Geldern. Die Familie kam vermutlich durch die Heirat von Rabodos gleichnamigem Vater mit einer Tochter aus dem Hause Gemen in den Besitz der Raesfelder Burg. Bei der Burg handelte es sich vermutlich um die heute nicht mehr erhaltene Burg Kretier. Vermutlich ließ Rabodo die St. Martinus geweihte Kirche erbauen, um die herum das Dorf Raesfeld entstand.
Der nächste Burgherr war Heinrich von dem Berge, der 1245 urkundlich erwähnt wurde. Dessen Sohn Adam von dem Berge verkaufte 1259 die Raboding-Hof genannte Burg zusammen mit der Gerichtsbarkeit und dem Patronatsrecht der Dorfkirche an seinen entfernten Verwandten Symon von Gemen (um 1231 – vor 1265), der die Burg wohl schon vorher verwaltet hatte. Der Ritter aus dem Geschlecht derer von Gemen nannte sich anschließend Symon von Rasvelde. Vermutlich nach dem Kauf brannte die hölzerne Anlage ab. Sie wurde nicht wieder aufgebaut und verfiel, da Symon an der Stelle des heutigen Schlosses eine erste steinerne Burg errichten ließ.
Die Ritter von Raesfeld
Die Nachfahren von Simon von Raesfeld blieben etwa 300 Jahre Burgherren auf Raesfeld. Zunächst übernahm sein Sohn Mathias von Raesfeld (um 1245 – um 1318) und später der Enkel Johann I. von Raesfeld (um 1282 – um 1356) die Burg. Letzterer wurde 1336 vom Fürstbischof von Münster, Ludwig II. von Hessen, in den Rat der Landesstände gerufen und schwor dort dem Fürstbischof die Treue. Infolge des Zusammenfalls der Grafschaft Hamaland gewann die Grafschaft Kleve im 14. Jahrhundert an Einfluss im westlichen Münsterland. Das Lehnswesen machte die Burg Raesfeld zum Offenhaus der Grafen von Kleve.
Bytter I. von Raesfeld (* um 1325; † zwischen 1403 und 1410), der älteste Sohn von Johann I., wurde als Krieger bekannt. In einem Bündnis mit seinem Schwager Heinrich III. von Gemen sowie Johann und Goswin von Lembeck besiegte er 1374 den Heidener Burgherrn Wennemar. Der südliche Teil von dessen Freigrafschaft kam daraufhin in den Raesfelder Besitz. 1388 kamen Bytter I., sein Sohn Johann II. und 25 Raesfelder Kriegsknechte der Reichsstadt Dortmund zur Hilfe. Die Stadt wurde von Truppen des Kölner Erzbischofs Friedrich III. von Saarwerden und Engelberts III. von der Mark belagert und heuerte Ritter zur Verteidigung ihrer Freiheit an. Während der Streifzüge nahmen die Raesfelder den belagernden Ritter von der Horst gefangen, für ein Lösegeld ließen sie ihn jedoch wieder frei. Im August 1389 plünderten sie im kurkölnischen Vest Recklinghausen. Zum Ende des Jahres 1389 war die Belagerung beendet und Bytter I. von Raesfeld ließ sich auszahlen.
Mit dem Kriegslohn und der Beute der Plünderungen ließ er die Burg Raesfeld ausbauen. Die Neuanlage wurde teilweise auf den Fundamenten der alten Steinburg errichtet. Der zu Raesfeld gehörende Besitz umfasste zu Anfang des 15. Jahrhunderts neben der Burg Raesfeld die Häuser Empte bei Dülmen-Kirchspiel, Ostendorf bei Haltern-Lippramsdorf und Hamern bei Billerbeck.
Johann II. von Raesfeld (um 1375 – nach 1443) wurde nach dem Tod seines Vaters der neue Burgherr. Er wurde als Raubritter bekannt und der Fürstbischof von Münster, Otto IV., titulierte ihn ganz offen als Straßenräuber. Ein weiterer Zeitgenosse schrieb 1408 „Es war einer, der geheißen Johann von Raesfeld, der schinderte die Straße und nahm viel Gut den Kaufleuten, ihr Gewand und Geld und ihre Taschen, und förderte es auf sein Haus.“ Bei Kaiser Sigismund hingegen stand Johann II. in hohem Ansehen. Für seine Treue als Vasall im Krieg, vermutlich im Hussitenkrieg 1420/21, erhielt er von ihm das Münzrecht. Wegen fehlender Münzmeister, Werkstätten und Edelmetalle machte Johann II. aber wohl keinen Gebrauch von dem Recht, Münzen zu prägen. 1427 schloss Johann II. ein Abkommen mit dem zum Herzog ernannten Adolf IV. von Kleve: Johann II. durfte die Vogteieinnahmen aus dem Kirchspiel Raesfeld für zwölf Jahre behalten und gab dafür das Versprechen, bei der Fehde mit dem Kölner Erzbischof dem Klever Herzog behilflich zu sein. Aus Kleve erhielt Johann II. außerdem die Anweisung und vermutlich auch weitere Gelder zum festungsmäßigen Ausbau der Burg Raesfeld. Die Arbeiten waren 1440 abgeschlossen.
Nach 1446 war Bytter II. von Raesfeld (um 1410–1489/90) der Burgherr auf Raesfeld. 1490 folgte sein Sohn Johann III. von Raesfeld (um 1450–1500). Er heiratete 1487 Frederike von Reede († 1536) die nach seinem Tod die Herrschaft über die Burg übernahm. Johann III. hatte noch auf dem Sterbebett verfügt, dass sein ältester Sohn Bytter Burgherr werden sollte, doch Bytter überließ seinem Bruder Johann die Burg Raesfeld.
Erbstreit
Ab 1523 war Johann IV. von Raesfeld (1492–1551) alleiniger Burgherr, denn seine Mutter Frederike zog auf ein eigenes Haus. Im Sommer 1532 wurde Johann IV. zum Oberbefehlshaber des Reiterheers der kaiserlichen Armee gewählt und zog gen Wien um die Reichsstadt im Türkenkrieg zu verteidigen. 1535 unterstützte er den Fürstbischof von Münster Franz von Waldeck als kommandierender Feldhauptmann bei der Belagerung und Einnahme der Stadt Münster und der Zerschlagung des Täuferreichs von Münster. Als Belohnung erhielt Johann IV. das Recht, eine Mühle in seinem Kirchspiel zu errichten, das Drostenamt in Ahaus als Lehen und 13.000 Goldgulden. Seine dritte Ehefrau Irmgard von Boyneburg schenkte im November 1550 einem Jungen das Leben und damit Johann IV. einen Erben. Im Sommer 1551 starb Johann IV. „eines hastigen Todes“, als er von einer herunterfallenden schweren Eisenstange getroffen wurde.
Seine Witwe heiratete 1558 Goswin von Raesfeld (1494–1579/80), einen entfernten Verwandten ihres verstorbenen Mannes. Irmgard zog mit dem jungen Johann zu Goswin auf die Burg Twickel bei Delden; dort, in der Twente, war Goswin Droste. Johann besuchte die Lateinschule in Deventer, doch er starb bereits 1559. Aus Sorge, die Burg Raesfeld und zugehörige Besitztümer und Rechte ohne den Erbsohn an die Verwandten Herren von Velen und Heiden zu verlieren, besetzte der Stiefvater Goswin kurzerhand die Burg und nahm das Erbe für sich ein. Im Namen der eigentlich nun erbberechtigten Herren von Velen und Heiden strengte der Fürstbischof von Münster Bernhard von Raesfeld einen Prozess vor dem Reichskammergericht in Speyer gegen seinen Verwandten Goswin an. 1585 sprach das höchste deutsche Gericht den Herren von Velen per Gerichtsbeschluss die Burg Raesfeld zu und beendete den Erbstreit. Irmgard, die seit dem Tod ihres zweiten Mannes Goswin 1579/80 erneut allein auf Raesfeld regiert hatte, musste nun die Burg mit ihren Kindern verlassen.
Die Herren von Velen
Hermann VIII. von Velen zu Velen († 1521) hatte Margarethe von Raesfeld zu Raesfeld, eine Schwester Johanns IV. von Raesfeld, geheiratet. Hermanns und Margarethes Sohn, Hermann IX. von Velen zu Velen (1516–1584), war Statthalter und Droste im Emsland, zu Rheine und Bevergern und diente dem Fürstbischof als Hofmarschall. Seine Söhne wurden nach dem Beschluss des Reichskammergerichts 1585 Erben der Burg Raesfeld. Zur Sicherung des Stiftes Münster vor dem Achtzigjährigen Krieg sollte Raesfeld 1589 als Grenzburg erweitert werden, doch spanische Truppen besetzten die Burg 1590 und verhinderten den Ausbau.
1595 erhielt Alexander I. von Velen (1556–1630) bei der Teilung des Vermögens seines 1584 verstorbenen Vaters Hermann IX. den Raesfelder Besitz. Alexander I. hatte zuvor im Dienste des Königreichs Ungarn und der Krone Böhmens, wenn auch ohne großen Erfolg, gegen die Türken gekämpft. Während Alexander I. 1597 als diplomatischer Vertreter des Fürstbischofs von Münster am Wiener Kaiserhof weilte, brannte der Dachstuhl der Raesfelder Burg ab. Alexander I. ließ aus diesem Anlass das zweigeschossige Herrenhaus von 1604 bis 1606 zu Wohnzwecken neu aufbauen. Die Mittel dazu hatte er mit der ihm gehörenden Saline Gottesgabe bei Rheine erwirtschaftet, außerdem bekam er vom Landtag des Stiftes Münster und von den Räten des Landes ein Darlehen über 5000 Reichstaler. 1612 erhielt Alexander I. am Rande der Feierlichkeiten zur Krönung des Kaisers Matthias den Titel Römischer Kaiserlicher Majestät bestallter Obrist und wurde zum Ritter geschlagen. 1613 musste ein Notbau errichtet werden, weil ein heftiger Sturm eine Wand des großen Saales zerstört hatte. Mit diplomatischem Geschick konnte der Burgherr weitere Zerstörungen durch die spanischen Söldner, die unter dem Kommando von Don Loys de Velasco 1615/16 die Burg besetzten, verhindern. 1619 erhielt Alexander I. das Generalkommando über das gesamte münsterische Kriegsvolk. Der Dreißigjährige Krieg erreichte Raesfeld, als die hessischen Truppen unter dem Grafen von Mansfeld im Spätherbst 1622 die Burg besetzten und brandschatzten. 1628 wurde Alexander I. durch Kaiser Ferdinand II. in den Stand eines Reichsfreiherren erhoben. Zwei Jahre später, am 8. August 1630, starb Alexander I. von Velen.
Ausbau zum Residenzschloss
Sein Sohn Alexander II. von Velen (1599–1675), später auch der westfälische Wallenstein genannt, übernahm die Burg, die er bereits längere Zeit eigenständig verwaltet hatte. Er war bei Ausbruch des Dreißigjährigen Krieges in den Heeresdienst getreten und hatte es im vereinigten Heer der Grafen von Anholt und von Tilly auf der kaiserlichen Seite zu hohem Ansehen gebracht. Ab 1632 kämpfte Alexander II. im Auftrag des Kurfürsten und Bischofs Ferdinand gegen die hessischen Besatzer Westfalens. 1634 wurde Alexander II. zum Generalwachtmeister der Katholischen Liga befördert und erhielt das Kommando über die gesamten Streitkräfte des Fürstbistums. Als Dank für seine militärischen Erfolge erhielt er für die Burg Raesfeld besondere Neutralität zugesichert. Im Sommer 1641 gelang es ihm zusammen mit dem Grafen von Hatzfeld die von hessischen Truppen besetzte Stadt Dorsten nahe Raesfeld einzunehmen. Am 11. Oktober 1641 wurde Alexander II. die erbliche Reichsgrafenwürde von Kaiser Ferdinand III. verliehen. Von ihm erhielt er 1644 mit dem „privilegium exemptionis fori“ eine eigene Gerichtsbarkeit für seine Reichsgrafschaft. Nach eigenem Wunsch schied Alexander II. 1646 aus dem Heeresdienst aus.
Von dem im Kriegsdienst angehäuften Reichtum erzählte man sich im Lande Märchen. Der Fürstbischof Ferdinand sagte über Alexander II.: „Der graeffe von Vele hat in Westfalen einen gueten Krieg gehabt. Er hat wohl ein pahr Millionen genossen.“ Davon ließ er die beschädigte Burg Raesfeld in den Jahren von 1646 bis 1658 zu einem repräsentativen Residenzschloss als Mittelpunkt für sein angestrebtes Reichsfürstentum ausbauen. Zu den Ausbauten zählten drei zusätzliche Flügel am Haupthaus mit einem Turm, eine Vorburg mitsamt dem sogenannten Sterndeuterturm, eine Kapelle sowie üppige Parkanlagen und ein Tiergarten. Während der Bauzeit wohnte die Familie und ihr Personal vor allem auf dem Haus Hagenbeck an der Lippe.
Alexander II. war 1653 zum Feldmarschall und Kaiserlichen Kriegsrat ernannt worden, pflegte seine Beziehungen zum Kaiserhof und vertrat den Kaiser auf Feierlichkeiten. Auf Schloss Raesfeld weilten zu dieser Zeit viele hochrangige Persönlichkeiten, so zum Beispiel der Straßburger Bischof und Kurfürst von Brandenburg Friedrich Wilhelm oder der Fürstbischof Christoph Bernhard von Galen. Zum Besitz Alexanders II. gehörten neben dem Raesfelder Schloss die Häuser Krudenburg und Hagenbeck an der Lippe, Horst an der unteren Ruhr, Megen im Herzogtum Brabant, die Burg Engelrading bei Marbeck und das Schloss Bretzenheim mit seiner reichsunmittelbaren Herrschaft, welche ihm Sitz und Stimme im Reichstag einbrachte.
Untergang der Reichsgrafschaft
Alexander II. wollte seinen Besitz schon seinem jüngeren Sohn Paul Ernst vermachen, damit er nicht dem finanziell ungeschickten Sohn Ferdinand Gottfried in die Hände gefallen wäre, doch Paul Ernst starb 1657 bei Reims. Um seinen einzig verbliebenen Erben zur Vernunft zu bringen, übertrug Alexander II. ihm schon bald die Verwaltung des Schlosses. Doch schon 1664 verkaufte er heimlich den Hagenbecker Besitz an den Lembecker Schlossherrn Burghard von Westerholt, um eigene Schulden zu tilgen. Nach dem Tod seines Vaters 1675 war Ferdinand Gottfried von Velen (1626–1685) schließlich alleiniger Schlossherr und verkaufte als erstes die Burg Engelrading. Als kaiserlicher Kämmerer und Obrist eines Regiments hatte er kein größeres Einkommen, doch er verschleuderte mit seinem verschwenderischen Lebensstil in den zehn Jahren seiner Schlossherrschaft einen Großteil des Vermögens.
Nach dem Tod von Ferdinand Gottfried und seiner Frau Sophie Elisabeth von Limburg-Styrum 1685 wurde ihr ältester Sohn Alexander Otto von Velen (1657–1727) der neue Raesfelder Schlossherr. Er wurde kaiserlicher General der Kavallerie, doch die Forderungen der Gläubiger und die Rückstände bei den Lohnzahlungen für die Bediensteten überstiegen auch Alexander Ottos Einkünfte. Dazu kamen ein Erbstreit mit seinem jüngeren Bruder Christoph Otto und Ansprüche seiner Schwester Charlotte Amalie. 1708 wurde Alexander Otto zum General-Kommandeur der gesamten kaiserlichen Reiterei und 1726, ein Jahr vor seinem Tod, zum Feldmarschall befördert. Zwei seiner Söhne, Hyazinth Joseph und Gabriel Phillip, fielen 1717 als Soldaten vor Belgrad und so sollte Alexander IV. von Velen (1687–1733) 1727 das Erbe antreten.
Alexander IV. überließ das verschuldete Erbe jedoch seinem Onkel Christoph Otto von Velen (1671–1733). Dieser hatte es im kaiserlichen Militär 1708 zum Obristfeldmeister und später zum General gebracht. Christoph Otto war beruflich häufig in den österreichischen Niederlanden und so setzte er wohl seinen Neffen Alexander IV. und den Wallonen Phillip Mouvé als Verwalter ein. Im Mai 1733 starb der unvermählte und kinderlose Christoph Otto in Brüssel. Dort wurde er in einer Totengruft beigesetzt, sein Herz wurde aber in einer Bleikapsel konserviert nach Raesfeld verbracht und in der Familiengruft der Schlosskapelle beigesetzt.
Alexander IV. von Velen trat das Erbe somit doch noch an. Er hatte 1716 Maria Charlotte von Merode (1698–1753) geheiratet, die ein Jahr später den Jungen Alexander Otto Carolus von Velen (1717–1733) gebar. Aber Vater und Sohn starben ebenfalls im Jahr 1733, womit das Geschlecht der von Velen auf Raesfeld im Mannesstamm erlosch. Für diesen Fall hatte Alexander IV. einen Erbvertrag mit dem entfernt verwandten Gemener Schlossherrn Otto Ernst Leopold Graf von Limburg-Styrum ausgehandelt. Das Schloss Raesfeld kam so in den Besitz der Herrschaft Gemen. Maria Charlotte, die Witwe von Alexander IV., wohnte bis zu ihrem Tod im Oktober 1753 noch gelegentlich im Raesfelder Schloss und kümmerte sich um höfische Angelegenheiten. Danach aber blieb die Schlossanlage nahezu unbewohnt und verfiel allmählich, da sich die Gemener wenig um die Schlossanlage kümmerten.
Im Jahr 1800 starb mit dem 15-jährigen Ferdinand August auch die Gemener Linie des Geschlechts Limburg-Styrum aus. Der Gemener Besitz mitsamt dem Raesfelder Schloss fiel an den Freiherrn von Boyneburg-Bömelsberg aus dem schwäbischen Erolzheim. Dieser kümmerte sich ebenso wenig um das leerstehende und verfallende Schloss.
Während der Befreiungskriege im Winter 1813/14 quartierten sich kosakische Soldaten, die die französischen Truppen nach der Völkerschlacht bei Leipzig verfolgten, im Raesfelder Schloss ein. Der Zustand des Schlosses lässt sich erahnen, da der Bürgermeister den Offizieren der Kosaken eine angemessenere Unterkunft besorgte.
Landwirtschaftlicher Gutshof
1822 kaufte der Freiherr Ignaz von Landsberg-Velen den westfälischen Besitz des fernen Freiherrn von Bömelsberg-Boineburg. Der neue Herr nutzte die Gebäude als landwirtschaftliches Gut. Der verwilderte Park wurde in Ackerland umgewandelt und der Wall zum Verfüllen der versumpften Gräfte genutzt. Baufällige Gebäude wie die Harnischkammer und das Torhaus fielen dem Abriss zum Opfer. Auch der nördliche Rundturm der Anlage wurde mit Ausnahme von Resten des Sockels abgebrochen. Im altehrwürdigen Rittersaal lagerten nun die Kornvorräte und die Räume der Vorburg wurden zur Viehställen. Zwischen 1879 und 1895 ließ der Oberverwalter Friedrich Bonhof die Vorburg renovieren.
Nach dem Ende des Ersten Weltkriegs belegten im Dezember 1918 Teile einer bayerischen Division die Räume des Schlosses und machten Raesfeld für Wochen zur Garnison. Im März 1920 kam es während des Vormarschs der Roten Ruhrarmee im Zuge des Ruhraufstandes zu einem Gefecht mit dem Freikorps Loewenfeld, bei dem 50 Kämpfer der Roten Ruhrarmee ihr Leben verloren.
1927 pachtete der Landwirt Heinrich Albermeier das Gut Raesfeld. Mit finanzieller Unterstützung der Provinzialregierung ließ der Schlossbesitzer Max von Landsberg-Velen dringend nötige Reparaturen erledigen.
Bundesburg des Bundes Neudeutschland
Der Bund Neudeutschland, die bündische Organisation katholischer Schüler an höheren Lehranstalten, pachtete 1929 das Schloss Raesfeld. Nach Renovierungsarbeiten und Neueinrichtung im Frühjahr 1930 fand die Einweihungsfeier der Bundesburg am Pfingsttag 1930 statt. Auf den umliegenden Wiesen wurde dazu eine Zeltstadt für 500 Besucher errichtet. Der Leiter der Burg, Studienrat J. Hasebrink, schrieb „Das Heim besitzt 80 Betten und ausreichend Räume mit Einrichtungen für große Zeltlager und Tagungen unserer katholischen Jugend.“ Regelmäßig zu Pfingsten trafen sich mehrere hundert Jungen der Jugendbewegung vor dem Schloss. Die Gleichschaltung der Jugendverbände mit der Hitler-Jugend 1936/37 führte jedoch zur Auflösung des Bundes Neudeutschland.
Garnison, Verbandsplatz und Kriegsgefangenenlager
Der Zweite Weltkrieg verhinderte den Umbau des Schlosses für die Nutzung als Kreisschulungsburg der NSDAP. Als im Oktober 1939 Teile der Wehrmacht vom Überfall auf Polen zum Westfeldzug zogen, wurde Raesfeld Garnison für fast 1000 Soldaten. Fünf Jahre später, im Herbst 1944, zog sich die Wehrmacht von der Westfront zurück und Teile quartierten sich erneut auf dem Schloss ein.
Im März 1945 wurde das Schloss Raesfeld Hauptverbandsplatz der im Rückzug befindlichen Wehrmacht. Die Rote-Kreuz-Zeichen auf den Dächern verhinderte größere Schäden an dem Schloss durch Fliegerbomben der Alliierten. Mit der Operation Plunder bei Wesel rückte die Front auf wenige Kilometer an Raesfeld heran, bis die britische Armee das Schloss am 28. März schließlich übernahm. Der englische Militärstab richtete in der Vorburg eine Dienststelle ein, während im Haupthaus und im Turm aus den Städten des Ruhrgebiets geflohene Familien unterkamen. Der Rittersaal des Schlosses diente von April 1945 bis März 1946 als Kriegsgefangenenlager für eine Kompanie Wehrmacht-Soldaten. In den Nachkriegsjahren dienten die Schlossgebäude als Notunterkunft für Ostvertriebene und vier Klassen der Raesfelder Volksschule.
Handwerkerschloss
Schon im Jahr 1942 hatte der Handwerkerverein Raesfeld e. V. das Schloss erworben. Dieser ließ die im Krieg beschädigte und verfallene Anlage vor allem 1950 bis 1951 restaurieren.
Heute
Heute ist das Schloss Raesfeld und etwa 14 ha Grundbesitz Eigentum der sieben Handwerkskammern Nordrhein-Westfalens sowie des Westdeutschen Handwerkskammertags. Das Hauptschloss ist seit 1952 Sitz der staatlich anerkannten Weiterbildungseinrichtung Akademie des Handwerks. Das Bildungsangebot richtet sich vor allem an Führungskräfte von Handwerksunternehmen. Die Vorburg wurde in den 1980er Jahren restauriert und beheimatete ab 1982 das Fortbildungszentrum für handwerkliche Denkmalpflege. Heute auch Akademie des Handwerks. Handwerker aus dem Bau- und Ausbaugewerbe können dort historische Handwerkstechniken im Rahmen der Denkmalpflege erlernen. Insgesamt nutzen etwa 7000 Personen im Jahr die Angebote der Handwerkskammer. Der Sterndeuterturm der Vorburg wird seit der Restauration 2001 als Kompetenz-, Informations- und Beratungszentrum genutzt. Sowohl der Verein, der das Schloss als Gebäude trägt („Schloss Raesfeld Bildungsstätte des Handwerks e.V.“), als auch die Akademie werden zurzeit durch den Vorsitzenden Hans Hund, der zugleich Präsident des Westdeutschen Handwerkskammertags ist, und das geschäftsführende Vorstandsmitglied Reiner Nolten, der zugleich Hauptgeschäftsführer des Westdeutschen Handwerkskammertags ist, vertreten.
Der Rittersaal wird seit 1956 vom Kulturkreis Schloß Raesfeld e. V. regelmäßig für Konzerte und literarische Veranstaltungen genutzt, kann aber auch für private Festlichkeiten wie Hochzeiten gemietet werden. Das Kellergeschoss des Hauptschlosses wird als Restaurant genutzt.
Gratis
WiFi
Akademie Schloss Raesfeld